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Monate nach ihr schied auch die deutsche Gräfin, welche ihrem Gemahl noch drei Kinder geschenkt hatte, aus dem irdischen Leben. Sie wurde ihrer vorangegangenen schwesterlichen Freundin zugesellt. Der Graf selbst verschied im 60. Lebensjahre, und seine Kinder, zwei Söhne und drei Töchter, ließen ihn zwischen den beiden Frauen bestatten, auch für alle drei einen herrlichen Grabstein künstlich Herrichten, darauf ihre Bildnisse zu ersehen sind. Später ist ihr Stein vom Skt. Petri-Berge herabgebracht und im Dome zu Ersurt ausgerichtet worden, ein redender Sagenzeuge sür alle kommenden Jahrhunderte. (Nach L. Bechstein.)
20. Der Kinderfcmz.
Von Erfurter Sagen ließe sich allein ein Buch süllen; es gibt deren sehr viele, sehr schöne und sehr schaurige. Ersurt, des Thüringer Landes uralte Hauptstadt, ward früh von der Poefie geküßt und bekränzt.
a) Schon im Jahre 1212 war eine wunderbare Erregung unter die Kinder in Thüringen und Sachsen gekommen. Ein Knabe wandelte durch Städte und Dörfer und sang ein Kreuzlied. Sein
Inhalt war, Christus wolle ihnen sein heiliges Kreuz, das noch
in Türkenhänden fei, zu eigen geben. Da faßte alle Knaben, die ihn fingen hörten, eine Betörung, das Kreuz zu erobern. Sie
traten in großen Haufen die Reise gen Jerusalem an, und weder
gute noch böse Worte, weder Bitten noch Banden, weder Sanftmut noch Schläge hielten sie zurück. Die Mehrzahl der armen
Kreuzfahrer kam schon in den Schweizer und Tiroler Alpen durch Frost und Hunger um, und die so glücklich waren, Schiffe zu erreichen, verdarben durch Sturm und Wellen.
b) Im Jahre 1237 am 15. Juni ereignete sich eine gar wunderbare Begebenheit. Ueber 1000 Erfurter Kinder vereinigten sich zu einem großen Reigen. Sie zogen durch das Löbertor dem
Steiger zu und die Höhe auf dem alten Wege hinan, über Waltersleben, Eischleben, Ichtershausen und Rudisleben, immer tan zend und singend. Gegen den Abend kamen sie sehr müde nach
Arnstadt, wo sie von den Bürgern, die gar nicht wußten, was
dieser Kinderzug bedeuten solle, ausgenommen wurden. In Ersurt aber entstand Schrecken und Jammer, denn in zahllosen Häusern wurden die Kinder vermißt. Niemand wußte, wo sie geblieben und wohin sie gekommen waren, bis die Botschaft von Arnstadt kam, daß die Kinder dort seien. Da wurden am andern Morgen viele Wagen angespannt und die Kinder wieder geholt. Den Arn-städter Bürgern wurde viel Dank gesagt, auch eine Spende in den Dom gestiftet. Niemand aber wußte zu sagen, was die Kinder verleitet, so weit fortzuziehen ohne Urlaub und Wegkunde. Auch blieben viele dieser Kinder hernach bleich und krank und zitternd, waren stets müde und hinfällig. Ihr Tanz war eine Volkskrank-
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Ankunft des Leichenzuges: Längst ist der Frühling ins
Land gezogen. Die Erde hat sich in ihr blühendes, duftiges Gewand gekleidet, und Wald und Flur sind belebt von einem munteren Vogelvölkchen; sonst aber ist es feierlich still. Nahe am Bache stehen mehrere Männer in leise geführtem, ernstem Gespräch. Emer von ihnen blickt, um die Zeit zu messen, zur Sonne. Auf seine Bemerkung halten die andern prüfende Ausschau. Dann streckt der eine die Hand dorthin, der andere in entgegengesetzter Richtung, der dritte nach Süden, und von allen Seiten sieht man, hier vereinzelt, dort in Gruppen, Menschen dem Tale zuschreiten, Männer und Weiber, Knaben und Mädchen.
Plötzlich kommt größere Bewegung in die Menge der Anwesenden. Alle Köpfe wenden sich nach Süden. In feierlichem Zuge nahen sich die Leidtragenden mit der Leiche des Häuptlings von der Höhe des Rockhäuser Berges herab. Ueber den leblosen Körper ist ein Linnentuch gebreitet. Sechs Männer tragen das Brett, das als Bahre dient. Vor dem Toten schreiten die zahlreichen Diener und Dienerinnen, Gefäße der verschiedensten Art tragend, die aus Erde gefertigt sind, bauchige Urnen, weite Schalen und flache Schüsseln. Unmittelbar vor der Leiche gehen zwei Diener, die das Bronzeschwert und den mit Bronzeplatten und feinen Nägeln aus demselben Metall prunkend beschlagenen Schild tragen. Zunächst hinter den Trägern schreitet die Witwe des Verstorbener^ ihr folgen die übrigen Versippten. Sie ist eine hohe, schlanke Frau von edler Haltung; ihr Antlitz zeigt tiefen Schmerz.' Heute trägt sie nichts von dem sonstigen reichen Bronzeschmuck; kerne wertvollen Bronzeringe zieren ihren Oberarm, keine bronzenen Zierplatten schmücken die Brust, keine der oft snßlangen Bronzenadeln dient dem langen Linnengewand als Hafte.
Das Begräbnis: An einem bevorzugten Platze des Fried-Hofes setzen die Träger das Brett mit dem Leichnam nieder. Ein Greis, den die Kleidung vor den übrigen auszeichnet, tritt jetzt vor. Es ist der Richter in streitigen Sachen und zugleich der Priester für die ganze Niederlassung. Er wendet das mit langem Barte geschmückte Gesicht der östlichen Himmelsgegend zu und spricht ein Gebet; denn dieses Volk verehrt ein höheres Wesen und glaubt an ein Fortleben im Jenseits. Dann wendet er sich zu den Umstehenden und hält dem Geschiedenen eine Gedächtnisrede. In den Mienen der Zuhörer ist zu lesen, daß die Worte des Redners den Tatsachen entsprechen.
Nun legen die Träger den Toten auf den sorgsam geebneten Boden einer mäßig tiefen Gruft und Diener führen das Lieb-lingspferd herbei. Ein dumpfer Schlag ertönt. Wie vom Blitze getroffen, stürzt das Roß zu Boden. Betäubt, empfindet es nicht, daß fein Blut dahinrieselt. Als das letzte Lebenszeichen erloschen, legen die Männer das Tier dem Verstorbenen zur Seite; er soll im Jenseits nicht ohne sein erprobtes Roß sein.
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kamen ihren Feinden zuvor. Sie gingen sofort zum Angriff auf die Königsburg über. In ihrer Sicherheit halten die Thüringer unterlassen, Wachen auszustellen. Ohne irgend einen Widerstand gelang es darum den Sachsen, die Burg in der Nacht zum 1. Oktober 531 zu nehmen. Die im tiefen Schlafe liegenden Thüringer wurden entweder niedergemetzelt oder gefangen genommen. König Jrminsrid mit seiner Familie und einem kleinen Gesolge entkam dem Blutbad. An den nächstfolgenden drei Tagen feierten die Sachsen ein großes Siegesfest.
Aufteilung Thüringens: Der Kampf war durch das Ein-
greifen Der Sachsen beendet, und Theodorich mußte nun gute Miene zum bösen Spiel machen und ihnen Nordthüringen zu freiem Eigentum als Siegesbeute abtreten. Er selbst behielt alles Land südlich der Unstrut, der Helme, des Sachsgrabens bei Wallhausen und des Harzes. Die unterjochten Thüringer mußten von nun an einen jährlichen Schweinezins, man sagt 500, an die königliche Kammer zu Metz entrichten.
Untergang des Thüringer Königshauses: Wohl war Jr-minsrid mit den Seinen entkommen, aber Theodebert, Theodorichs Sohn, lockte ihn ins Frankenland, und hier soll er durch einen Sturz von der Stadtmauer, an dem jener wohl nicht ganz unschuldig war, getötet worden sein. Amalaberga dagegen war mit ihren Kindern nach Italien zu ihrem Bruder geflohen. Ihr Sohn Amalafrid kam später nach Konstantinopel und wurde Feldhauptmann im Heere des oströmischen Kaisers Jnstinian, der ihn sehr hoch schätzte.
Berthar, der dritte Sohn König Bisinos, hat zu seinem Bruder Jrminsrid sicher in einem freundschaftlichen Verhältnis gestanden. Zwar berichtet die Sage, daß dieser ihn aus dem Wege geräumt habe. Doch ist diese Angabe eben sagenhaft; denn Radegunde, die Tochter König Berthars, könnte doch nicht in einem Gedichte, das der römische Dichter Fortnnatns in ihrem Aufträge niederschrieb, den Untergang des Hauses ihres Oheims mit folgenden Worten beweinen:
„Nimmer vermag ich in fremdem Gebiet nach Gebühr zu beweinen Unser Geschick; der Schmerz löste zu Tränen mich auf.
Jeglichen hab' ich beweint, ich allein; denn es wurde des Ganzen Unaussprechliches Leid einzig mir Aermsten zuteil.
Günstiger fiel den Männern das Los, sie sanken im Kampfe;
Ich, die einzige, blieb, sie zu beklagen, zurück."
Berthar ist gefallen im Streit, möglicherweise sogar in der Schlacht an der Oker, fechtend an der Seite seines Bruders. In dieser Schlacht wurde Radegunde von den Franken gefangen genommen und samt ihrem Bruder dem König Chlotar als Beute zugesprochen. Dieser ließ sie in sein Reich führen und nahm sie später zur Gemahlin. Sie starb 587 zu Poitiers in Frankreich.
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— 35 —
„Und so starben mir Aermsten dahin die lieben Verwandten, Und mein Königsstamm nahet dem Ende sich mm."
Nie wieder hat es ein Königreich Thüringen gegeben. Der Name Thüringen ist zwar geblieben, aber er gilt heute nur noch für ein wesentlich kleineres Gebiet. (Nach G. Größler.)
10. Radegunde, Prinzessin von Thüringen,
Königin von Frankreich.
Jugend: Radegunde, König Berthars Tochter und Enkelin
Bisinos, kam schon früh an den Hos ihres Oheims Jrminfrid. Da die Mutter gestorben war, hielt es der Vater wohl für geraten, seiner hochgebildeten Schwägerin Amalaberga die Tochter zur Erziehung zu übergeben. Auch den Vater verlor Radegunde bald. Wir wissen zwar nicht, in welchem Kampfe er getötet wurde, doch ist er schon vor Jrminfrid gefallen. In einem zweiten Liede „An Artachis"1) läßt Radegunde Fortnnatns für sich sprechen: „Erst ist der Vater gefallen, ihm folgte der Onkel im Tode, Beider Geliebten Verlust traurige Wunden mir schlug."
Auf Burg Scidingi verlebte Radegunde sonnige Tage der Kindheit in Gemeinschaft mit ihrem Vetter und Jugendgespielen Amalasrid. J'n dem Briefe „An Amalasrid"2) gedenkt sie der glücklichen Jugend:
„O, so gedenke doch nur, was in Frühlingstagen der Jugend, Lieber Amalasrid, ich, Radegunde, dir war.
Wie du mich damals geliebt, ein hold ausblühender Knabe, Du, den des Himmels Huld gütig zum Vetter mir gab. Damals ersetztest du mir den gemordeten Vater, die Mutier, Schwester und Bruder, du warst alles, du Einziger, mir! Wenn du mich nahmst in den liebendenarm, wenn küssend ich an dir Hing, ergötzte das Kind höchlich ein freundliches Wort.
Eine Stunde getrennt von dir, zum unendlichen Zeitraum Ward sie mir." —
In fränkischer Gefangenschaft: In dem Kriege Jrminsrids mit den Franken wurde sie von den Feinden gefangen genommen und mit ihrem Bruder eine Beute des Königs Chlotar. Sie war damals gegen 10 Jahre alt. Chlotar ließ sie in sein Reich bringen und auf einem feiner Meierhöfe von den besten Lehrern unterrichten. Damals schon las Radegunde am liebsten die Bibel und die Lebensbeschreibungen der Heiligen. Sie sollten ihr das Vorbild ihres eigenen Lebens werden; auch suchte sie durch allerlei Selbstpeinigungen Gott wohlgefällig zu fein.
j) Sohn einer Tochter Amalabergas.
2) Nach einer Uebersetzung von Dr. Aug. Wilhelm.
3*
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Extrahierte Personennamen: König_Berthars Bisinos Amalaberga Scidingi Amalabergas Wilhelm
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in einer kleinen Truhe ausgesetzt und schwimmt an die Insel Scharioth, wodurch sein Beiname Jscharioth entstanden ist. Hier wird er von der dortigen Königin ausgenommen und erzogen, als er aber seinen Pflegebruder erschlagen hat, wieder vertrieben. Jetzt kommt er nach Jerusalem zurück, an den Hos des Pilatus. Neben dem Palast des Landpflegers liegt der Garten seines Vaters Rüben mit schönen Apfelbäumen. Den Pilatus gelüstet nach den Früchten, und Judas steigt über die Mauer, um Aepsel zu stehlen. Er wird aber dabei von Rüben ertappt, setzt sich zur Wehr und — erschlägt seinen Vater. Später nimmt er seine eigene, ihm gleichfalls unbekannte Mutter zum Weibe. Diese sündhafte Tat wird entdeckt, und voll Neue geht Judas als Jünger zum Herrn, um sich seine Sünde vergeben zu lassen. Aber auch jetzt kann er von seiner Tücke nicht lassen; er geht hin und wird zum Verräter.
Wird so die biblische Ueberlieferung auf den Kopf gestellt, so geschieht es mit der kirchlichen nicht minder, wie das Beispiel des Bonisacius zeigt, dessen Tätigkeit als Apostel Thüringens
von einem reichen Sagenkranz umgeben ist. Als die Thüringer
sich nur zum Christentum bekehren wollen, wenn Bonisacius sie von dem Zins an die Ungarn befreit, gibt er den Bittenden die
Zusage. Gott hat ihm im Traume seine Hilfe zugesichert. Erfreut nehmen jetzt die Thüringer den Bischof auf und verweigern
den Ungarn den Zins, worauf diese mit einem Heere gegen
sie ziehen. Die Thüringer unter Bonisacius sind viel schwächer. Bei Nägelstädt an der Unstrut stoßen beide Heere zusammen. Während des Kampfes steht Bonisacius wie Moses (2. Buch Mos. Kap. 17) auf einem Berge und betet mit erhobenen Händen für die Thüringer. Die Niederlage der Ungarn ist eine vollkommene. Viele kommen in der Unstrut um, andere versinken im Moore,
der Rest aber wird in die Flucht geschlagen oder getötet. Von den
Thüringern fallen nur zwei, denen auf dem Unstrutriede bei Nä-gelstädt zum Andenken zwei Kreuze errichtet wurden. Wie wir sehen, sind hier die Ereignisse den säst 200 Jahre späteren unter Heinrich I. gleich gestaltet.
Als ein bezeichnendes Beispiel sür den krassen Aberglauben der damaligen Zeit kann die von Stolle erzählte Geschichte von einem Halsbande gellen. Der zweite Ratsmeister von Erfurt, Friedrich Reinboth, war mit feinem Schwager Wilhelm von Allenblumen in Erbstreitigkeiten geraten (1492). Als Allenblu-men, der nach Leipzig verzog, dort gestorben war, wollten sich seine Kinder an ihrem Oheim rächen. Sie sandten einen verkommenen Edelmann mit einem Halsbande aus, das aus Eisen gefertigt war und viele Gelenke und Stacheln inwendig hatte, ein über die Maßen köstlich und gefährlich Kleinod. Wer das an seinen Hals kriegte, mußte innerhalb 10 bis 12 Tagen sterben. Auch konnte niemand dasselbe ohne Schlüssel aufmachen, auch niemand
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Extrahierte Personennamen: Scharioth Jscharioth Judas Apostel_Thüringens Apostel Heinrich_I. Stolle Friedrich_Reinboth Friedrich Schwager_Wilhelm_von_Allenblumen Wilhelm
— 133 —
Gehorsams durchgemacht. Selbst das Leben in Armut, die geringe Kost und das häufige Fasten fielen ihm nicht schwer, da er kein verwöhntes Muttersöhnchen war. Der Novizenmeister hatte an ihm einen guten Schüler und dieser an jenem einen freundlichen Lehrer. Nie hat derselbe es nötig gehabt, seinen L-chüler zu tadeln. Er befürwortete darum nach Verlauf des Jahres die Ausnahme
Martins in den Orden.
Ausnahme: Heute noch ist im hohen Chor der Augustiner-
kirche die Stelle zu sehen, die Luther bei seiner Prosetzleistung lang hingestreckt berührt bat. Auf dem damals unmittelbar vor dem Hochaltar gelegenen Grabmal des Angustinerpaters Johannes Zachariä, der sich auf dem Konzil zu Konstanz den Titel eines Hus-Ueberwinders erworben hatte, lag in Kreuzesform der junge Mönch und schwur mit lauter Stimme den Eid, den ihm der Prior vorsprach: „Ich Bruder Martmus tue Proseß (Gelübde) und verspreche Gehorsam dem allmächtigen Gott und der heiligen Jungsrau Maria und dir, Bruder Winand, Prior dieses Konvents, . . zu leben ohne Eigenes und in Keuschheit gemäß der Regel des heiligen Augustinus bis an den Tod."
Lutherzelle: Jetzt wurde dem Bruder Martin eine eigene
Zelle zugewiesen. Kaum 3 in lang und 2 m breit, hatte sie nur
Raum für einen Tisch, einen Stuhl und eine Lagerstatt, letztere
mit einem Strohsack und einigen wollenen Decken. Durch das einzige Fenster sah der junge Mönch aus seine letzte Ruhestätte, den Begräbnisplatz der Brüder, der rings vom Kreuzgang eingeschlossen wurde. (Zelle im evg. Waisenhaus.)
Die erste Messe: In diesem engen Raum mußte sich Bru-
der Martin aus das Priesteramt vorbereiten, für welches ihn seine Vorgesetzten bestimmt hatten. Er tat es mit Furcht und Zittern
und unter Gebet und Fasten, da er sich sür unwürdig und un-
fähig zu solch hoher Stellung hielt. Am 2. Mai 1507 las er zagend feine erste Messe, und, als er die Hostie in der Hand hielt, durchlies ihn ein Schauer. Beinahe hätte er noch während der heiligen Handlung den Altar verlassen, wenn ihn nicht sein Lehrer daran gehindert hätte. Als aber alles wohlgelungen war, da sühlte er eine hohe Freude. Sie wurde noch vermehrt durch die Anwesenheit seines Vaters, der mit einem stattlichen Gefolge von Freunden und Bekannten auf 20 Rossen nach Ersnrt gekommen war. Er ehrte den Sohn durch eine Gabe von 20 Gulden und nahm teil an dem der Messe folgenden Festmahle. Ueber Tisch sprach Bruder Martin zu seinem Vater: „Lieber Vater,
warum habt Ihr Euch so hart dawider gesetzt und wäret also zornig, daß Ihr mich nicht gerne wollet lassen ein Mönch werden und vielleicht noch itzo nicht allzu gerne sehet? Jst's doch so ein fein geruhsam und göttlich Leben!" Da antwortete der starrköpfige Alte, der noch immer unmutig über den Schritt feines Sohnes war, offen und ebrlich mit der Gegenfrage: „Ihr Gelehrten,
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Extrahierte Personennamen: Martins Johannes_Zachariä Maria Maria Lutherzelle Martin Martin Martin
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Rom Burg Bergesfuße Petri-Stist Erfurt
92 !f Beschreibung der Stadt Rom.
oberster Gipfel, nach dem Castro praterio zu, Seps
tjmius Mons dieß, lagen besonders die Bader der
Anippina, der Campus V.mrnalis, die Aedes
Ma'a Fortuna; und, in dem Lhale zwischen bey-
den Bergen, die Thermo Novari. An diesen Theil
der Stadt gränzten außerhalb der Maner Mons sas
(er, Templum honoris ec ferculis, wo sich Han-
nibal lagerte, und Aedicula Vlania, wo Sulla sein
Lager aufschlug. Sie lagen sämmtlich außer den
Mauern der Stadt.
47-
Den pincinifchen und quirmalifchen Berg faßte
die Sechste Region
ein, Alka Semico genannt. In derfelben lagen
oben im Lbale, zwischen den gedachten beyden Ber-
gen i) die prächtigen Gärten des Sallustius und
das Haus dieses Mannes; und auf dem picinischen
Berge selbst, in der Nahe der Villa Ludovisi der
Circus Sallustii Bey dem letztem Gebäude stand
ein Porticus, welcher wegen seiner taufend Säulen
Miliiarensig genannt wurde. Tiefer herab in dem
gedachten Lbale, standen 2) der Tempel und dercirs
cus der Göttin Flora auf d/m freyen Platze vor den
Barverlnifchen Garten, der jetzt den Namn prazzcr
Grmrana führt. Ganz zu äußerst, au der Mauer
aber, befand sich in diesem Lhale 3) der Campus
sceleratus, wohin die unzüchtigen Vestalinnen leben-
dig begraben wurden. Der Freund des Cicero, At-
ticus, hatte dabey ein Hans. Weiter herab auf dem
quirknalischen Berge lagen 4) die kostbaren Toermä
Drocletiana bey dem heutigen Bekuhardiuerkloster und
dem päpstlichen Magazin; und unfern derfelben, wie
man glaubt, auf dem Platze der Kirche Sc. Vitalis
5) der schöne Tempel, welchen Papirius Cursor dein
(Quirinus zu Ehren errichtete. Unterhalb dieses Tem-
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Extrahierte Personennamen: Castro Thermo_Novari Aedicula_Vlania Sulla Alka_Semico
162, Beschreibung der Römer überhaupt,
So in dem Zeitraume von den Zwölf Tafeln bis auf
Cicero. Man schloß jedoch jede rechtmäßige Ehe
durch ein Eheverlöbniß. Dabey wurde erfordert,
daß der Bräutigam um die Braut anhielt, und der
Vater derselben es ihr zusagte. Hier gebrauchen die
Römer die Wörter: stipulari, stipulatio, spondere,
sponsio und despondere, desponsio. Was sagen
diese Wörter? Die Römer sahen das Verlöbniß als
einen Vergleich an. ' Derjenige, welcher den Antrag
machte, also der Bräutigam, welcher anhielt, stipula-
batur, und sein Antrag war stipulatio. Hierauf
willigte der Brautvater ein (spondebat, sponsio).
Endlich nahm der Bräutigam wieder die Einwilligung
und das Versprechen des Vaters an (despondebat,
desponsio). Die ganze Feyerlichkeit führte den Namen
Sponsalia. Das Verlöbniß war gültig und recht-
mäßig, fo bald beyde Theile eingewiüiget hatten. Doch
pflegte man tu spätern Zeiten über die Verlobung
einen schriftlichen Aufsatz zu machen, und alle An-
wesende besiegelten denselben mit ihren Ringen; vor-
züglich ließ man solche Verträge von den Notarien
(Signatoribus) unterzeichnen und besiegeln. Nach ge-
schehener Unterzeichnung (obsignatio) gab der Bräu-
tigam der Braut anstatt des Mahlschatzes einen Ring
(annulus pronubus), welcher noch zu des Plinius
Zeiten von Eisen war; und man wünschte Glück mit
den Worten: feliciter, feliciter; ein Gastmahl be-
schloß die ganze Feyerlichkeit. *). So lange die Un-
terhandlung wegen einer Verlobung währete, nannte
man den Bräutigam Sponsus speratus, und die
Braut Sponsa sperata oder pacta, oder bloß
sperata, pacta, k) Es war aber auch gewöhnlich,
Stirn
*) Nicht immer wurde das Gastmahl an dem Verlobung^
tage gegeben, zuweilen auch einige Tage später: kiñ
Beyspiel beym Cicero »6 Quin«, fratr. Ii, 5. 6-
k) Tercnt. Hcauton. Iv, s. 26. Ovid. Epist, Xi, 21. O'
Juveujtl, Sät. Ii. V, 119 ct Vi. v.25.27. Pfih. H. N. Zz. x>
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ihrer Volksklasserr, ihrer Vorrechte re. 191
diese Kinder unter seinem Namen in das öffentliche
Geburtsregister im Tempel des Saturns eintragen
ließ, (1) öder endlich, indem man sie freywillig zu der
so beschwerlichen Würde der Decurionm in den Mu-
Dicipien darbot, e)
So* Viví vvf
u. Die Rechte der väterlichen Gewalt waren al-
lerdings sehr groß und von denen, welche ein Herr
Er seinen Knecht hatte, nicht unterschieden; ja sie
erstreckten sich in verschiedenen Stucken sogar noch
weiter. Der Vater aber hatte, wie schon bemerkt
wurde, ein Recht sowohl über die Person und das Le-
den seiner Kinder, als scher die Personen und das Le-
den seiner Enkel und Urenkel. (Denn wer selbst noch
wuer väterlicher Gewalt war, konnte diese Gewalt
wcht über andere ausüben), k) Auf die Hansvater
kam es also erstlich an, ob sie die ihrer Gewalt durch
die Geburt zugefallenen Kinder oder Enkel erziehen
wsten oder weggesetzt haben wollten. - Romulus ge-
littete allein, Kinder wegzusetzen, wenn sie als Krüp-
pel oder als Mißgeburten geboren wurden; sie muß-
wn -aber wenigstens drey Jahre lang erzogen, und
dann erst die Sache vor einem besondern Gericht von
mnf Männern untersucht werden ; g) Romulus glaubte,
büß man auch gegen schwächliche Kinder, wenn sie
«chon drey Jahre erzogen worden, nicht so grausam
Wyn könnte, sie auszusetzen. Die Aeltern dursten also
ww nach den drey Jahren, im Fall der zu großen
Schwach-
d) Digest. 1, 22. tit. Z. I.29. §. I. Juvenal. Sät. 9. v. 8?.
Sueton. Calig. 25.
e) Diese Liginmation führte der K- Theodostus Ii. ein.
^odex lustin. 1. v. tit. 27. 1. 3. Cf, Ein. Mcrill. obs.
Vh. 26.
^ D. ad leg. Jul. de adult.
5) Dionys. Hai. 1. Ii, c. Ii,
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